PCGH Plus: Raytracing, Unreal Engine 5, ein frisches Windows mit neuen Features – die Spielegrafik und die mit ihr dargestellten Welten sind im Wandel. Wir beleuchten die Technik von morgen. Der Artikel stammt aus PC Games Hardware 11/2021.
Wenn es um Grafik und Spiele-Design geht, so stecken wir aktuell zwischen zwei Generationen. Auf der einen Seite locken schicke neue Effekte und vielversprechende Technologien, auf der anderen Seite steht die fortschreitend veraltende Hardware-Basis der großen Mehrheit. Das Dilemma der Entwickler: Sie wollen Spiele entwickeln, welche die attraktiven Next-Gen-Features nutzen. Wollen sie jedoch Geld verdienen, müssen sie weitverbreitete Hardware und damit das Gros der potenziellen Käufer berücksichtigen.
Es gibt eine Reihe Ausnahmen, doch die große Mehrzahl aktueller und auch kommender Titel wird neben den Next-Gen-Konsolen auch auf der alten Generation erscheinen. Dies bedeutet, dass diese Titel Features wie Raytracing unterstützen können, aber nicht voraussetzen, beziehungsweise auf diese Technologien aufbauen dürfen. Vor diesem Problem stehen indes nicht nur Entwickler von Konsolenspielen, auch die Hardware-Basis der PC-Spieler ist technologisch stark segmentiert. Laut der aktuellen Steam-Hardware-Survey (August 2021) besitzt die gewaltige Mehrheit zwar DX12-kompatible Hardware, die Verteilung der Raytracing-fähigen Grafikkarten liegt jedoch trotz des 2018 von Nvidia mit Turing initiierten, mehrjährigen Vorsprungs erst bei 21,2 Prozent. Das Wachstum der Next-Gen-Basis, gleich ob PC oder Konsole, wird außerdem durch den internationalen Chip-Mangel und die damit verbundenen Lieferprobleme sowie abschreckend hohe Preise ausgebremst. Die Hardware nächster Generation ist hier, doch noch ist die Verbreitung relativ niedrig.
Der aktuelle Status quo bei der Hardware-Verbreitung bestimmt die Möglichkeiten der Entwickler. Wirkliche Next-Gen-Titel, welche das Potenzial der noch jungen Hardware tatsächlich ausschöpfen und nur auf den neuen Konsolen oder auf dem PC mit entsprechend hohen Anforderungen starten, um durch diese neue Möglichkeiten beim Spiele-Design zu eröffnen, sind daher bislang rar. Aktuelle Neuerscheinungen und Ankündigungen für den PC und die Next-Gen-Konsolen Xbox Series X|S sowie Playstation 5 sind zumeist mit Next-Gen-Technologien – insbesondere Raytracing – erweiterte Versionen von Last-Gen-Spielen, die auch noch auf den alten Konsolen erscheinen sowie auf eher durchschnittlich leistungsfähigen Spiele-PCs und auch ohne Raytracing-Hardware laufen. Im Grunde hat dieser Umstand für PC-Spieler schon seit drei Jahren Bestand. Auf dem PC lässt sich die “Next-Gen-Version” bei entsprechenden Spielen durch ein Aktivieren von Raytracing im Grafikmenü zuschalten. Auf dem PC können obendrein Detailgrad, Effekte und Texturqualität mit entsprechend potenter Hardware über das Niveau der Konsolen letzter Generation erhoben werden. Doch im Prinzip handelt es sich bei fast allen aktuellen und in Kürze kommenden Spielen um veraltete, doch auf weitverbreitete Hardware-Basis aufbauende Titel der letzten Generation mit einer mehr oder minder ausgebauten Unterstützung von optionalen Next-Gen-Features.